Einbürgerungspraxis im Landkreis Peine als unrechtmäßig erklärt
Ein Gerichtsurteil des Verwaltungsgerichts Braunschweig hat die Einbürgerungspraxis im Landkreis Peine als unrechtmäßig eingestuft. Die Entscheidung wurde nach einer Klage eines libanesischen Mannes getroffen, dem der Landkreis die Einbürgerung verweigert hatte.
Verweigerung der Einbürgerung trotz erfüllter Voraussetzungen
Dem Libanesen, der seit zwölf Jahren legal im Landkreis Peine lebte, wurde die Einbürgerung verweigert, obwohl er alle erforderlichen Dokumente vorgelegt hatte. Nach Angaben der Kreisverwaltung hatte der Mann 23 Fragen zur freiheitlich-demokratischen Grundordnung (FGG) "teilweise nicht vollständig und richtig" beantwortet, wie das Gericht mitteilte.
Zweifelhafte Befragungsmethoden
Der Mann wurde unter anderem gefragt, was er unter Demokratie verstehe, was in deutschen Fernsehnachrichten berichtet werde und ob er regelmäßig eine Moschee besuche. Der Landkreis argumentierte, dass diese Fragen in jedem Einbürgerungsverfahren gestellt würden. Das Gericht befand jedoch, dass dies zu Unrecht geschehe.
Anfechtbare Begründung
Wegen der Antworten des Mannes wurde ihm bei einem Amtstermin die Erklärung, sich zur FGG zu bekennen – das letzte fehlende Dokument – nicht zur Unterschrift vorgelegt. Die Kreisverwaltung ging davon aus, dass der Mann den Inhalt und die Bedeutung der Erklärung nicht verstehe, obwohl er einen Sprachtest auf dem Niveau B1 erfolgreich absolviert hatte.
Gerichtliche Kritik
Das Gericht kritisierte nun, dass die vom Landkreis durchgeführte Befragung nur zulässig sei, wenn es Hinweise gebe, die Zweifel an der Verfassungstreue des Bewerbers wecken. Eine Abfrage bei den Sicherheitsbehörden habe jedoch keine Erkenntnisse über den Mann ergeben.
Persönliche Umstände des Klägers
Der libanesische Mann ist mit einer deutschen Frau verheiratet und kam 2013 im Rahmen einer Familienzusammenführung nach Deutschland. Er erhielt eine entsprechende Aufenthaltserlaubnis. Seinen Einbürgerungsantrag stellte er im November 2023.
Revisionsmöglichkeiten
Gegen das Urteil des Verwaltungsgerichts Braunschweig kann sowohl beim Oberverwaltungsgericht als auch direkt beim Bundesverwaltungsgericht Revision eingelegt werden.
Bedeutung des Urteils
Das Urteil hat weitreichende Auswirkungen auf die Einbürgerungspraxis in Deutschland. Es stellt klar, dass Befragungen zu Fragen der FGG nur zulässig sind, wenn es konkrete Anhaltspunkte für Zweifel an der Verfassungstreue des Bewerbers gibt. Zudem dürfen Sprache und Bildungsgrad nicht als ausschlaggebende Faktoren für die Entscheidung über die Einbürgerung herangezogen werden.
Das Urteil ist ein wichtiger Schritt hin zu einer gerechteren und transparenteren Einbürgerungspraxis in Deutschland. Es stärkt die Rechte von Einbürgerungsbewerbern und trägt dazu bei, dass die Vielfalt der Gesellschaft anerkannt und wertgeschätzt wird.